Höllriegelskreuth
von
Klaus Peter Buchheit
München / Augsburg 2003 – 2005
Hymnen sie standen an
Bächen u. sangen Hymnen
du liefst vorbei
die Fische schauten dir nach
immerhin
du triffst einen anderen Ton
komm Geliebte
spann mit deinem Haar
die Lustfäden
von meinem Schwanz
in die Welt
ich verklebe dein Haar
zu Zöpfen
der Freude
du küsst meine Hoden
u. steckst mir eine
Botschaft
ein Ausbruch von Gefühl
in den Arsch
von den Backen
tropfen Schweißperlen
du zerdrückst sie mit
der Nase
wie Seifenblasen
wir reinigen uns im Trinken
der Sekrete
*****
Geliebte deine Füße
sind feucht vom Tragen enger
und fester Schuhe streck sie
in warme Luft ich beuge
mich ihnen kalt entgegen
und rieche daran wie ein
Detektiv am Beweisstück
des zu klärenden Mords ich
zerreibe Dreck und Haut in
den Spalten und den Tälern
rund um die Ballen und die
Verhärtungen aus Horn ich
bespucke deine Zehen
und wasche sie mit meinen
Eiszapfenwimpern rein und
dann nehme ich sie tief in
den trockenen Mund auf der sich
sofort mit Speichel füllt und
ich lutsche sie wie ein Kind
die Bonbons von der Tante
*****
ja Kinder füllen manchmal Luftballons
mit Wasser auf die sehen dann aus wie die
Altfrauenbrüste dort am Uferstreifen
sie hängen auf das Gras schwer nieder als
Hinweis auf die Vergänglichkeiten unsres
Scheißlebens doch das kümmert diese Frau
nicht sie verdreht den Kopf u. lacht so laut
dass alle Enten schnell das Weite suchen
u. alle Nackten ganz verschämt dreinschauen
*****
sie fragte um Feuer
um ihren Kopf
ein Tuch wie Simone de Beauvoir
es auf Bildern trug
sie bedankte sich artig
lachte
ich trank Bier
dann noch eins
rauchte zu der Zeit noch
(später wieder)
wie ein Wilder
war verlassen worden 3 Monate zuvor
doch das war vorbei
das spürte ich besonders an diesem Tag
wie an keinem sonst
sie sagte nichts
starrte geradeaus
trank
rauchte
in ihrer Beauvoirschen Schönheit
ma berbère
sie fragte wieder u. wieder nach Feuer
Cathèrine
so beginnt eine Liebe
für ein Jahr
immerhin
wir gingen nach Hause
für 3 Tage
damals
u. erzählten uns
unser Leben
oder was wir dafür hielten
wir rührten uns
rührten uns nicht an
später sollte ich sagen
sie sei beim Ficken mein Paradies
eine Pflaume wie nach Maß
ein Schwanz wie abgemessen
Maßlosigkeit erzeugend
sie sagte artig danke
nachdem sie mich angeschrieen
ich gab ihr Feuer
später riss sie mir Haare
aus
u. zeigte mir das Leben
wir trieben ab
ich betrank mich an dem Tag
soll ich dir ein Omelette machen
hatte sie gesagt
es sei nur ein Ei
es war weniger
das Haartuch à la Beauvoir
trug sie schon lange nicht mehr
u. ich war nicht ihr Sartre
irgendwann verleugnete ich mich am Telefon
sie sagte danke
ganz artig
wir wurden aus unserem Paradies
nach Maß vertrieben
maßlos
heute rauche ich nicht mehr
(schon wieder)
****
immer noch
damals
dritte Klasse
der Blondschopf
rieb
indem er auf mich zeigte
die zwei Zeigefinger aneinander
der Junge sah aus
wie ein Stück
nasse Seife
die anderen bildeten einen Kreis
die Schaukel quietschte
dann überquerten wir den Bach
Äste
bildeten eine provisorische Brücke
ich rutschte aus
der Stiefel voll Schlamm
es stank fürchterlich
damals
in der Kindheit
manchmal ein Geruch von Intimzonen
wenn ich alleine war
****
Maria
sah in Weingarten dich
auf dem Kopf eines Mannes stehen
Mutter
mitunter denke ich du stündest nicht
Ave Eva – Eva Ave
auf Adam
dem ersten Sünder, der dir erlag
du stündest
auf der Kehle mir
u. drücktest deinem Sohn den Atem ab
Maria
in Weingarten zündete ich
dir eine rußfreie Kerze an
vielleicht lässt auch mich sie besser atmen
dass deine Engel mich tragen
wie die Predigerkanzel
des Engels schöner Fuß
hatte es mir besonders angetan
in die Luft schlägt er den Takt
****
Giacomo
du bekamst eine zweite Mutter
damit das Erinnern beginnen konnte
sie steckten dich in eine Kiste
du, Giacomo
auch ich stecke in einer Kiste
einer Vitrine
u. niemand gibt mir Konfekt
bei jeder Frau
denke ich
die holt mich aus der Kiste
aus der Vitrine
zieh an der Nabelschnur
u. schlag mir auf den Arsch
dass ich schrei
dass ich schrei
schrei wie ein Wolf bei Vollmond
aber sie tut’s nicht
Giacomo
sie setzt sich auf den Deckel u. ruft
verrecke
du bist mein
wie du keine Erinnerung in deiner Kindheit hattest
Giacomo
so habe ich die Erinnerungen u. bin Kind geblieben
wie dir die Erinnerungen kamen
wird mir erwachsen werdend
hoffentlich
das Vergessen kommen u. ich werde beginnen
Giacomo
wo ist mein Konfekt
****
verschüttet u. schäbig
liegt der Kandidat
unterm Thresen
u. schreit nach der Mutter
er erbricht sich in ein Glas
das trägt er zu Markte
u. preist es als ökologisches
Wundermittel an
****
am Mittag in Bergama
legte der Polizist
seine Waffe
nieder u. kam mir nah
abends zeigte
er mir die harten
Jungs auf Kinoplakaten
make your day
er sprach etwas
sang türkische
Lieder u. spielte
die Saß
in der Nacht bekam
ich eine Menge
Geflüster zu hören
großer Säuselkram
neben mir geladen
die Waffe eine
Automatik
ich starrte auf die Waden
fette Löcher
in Wassermelonen
wie Königskronen
an einer Kette
die Zeit wurde zu
einer Puppe
eines Schmetterlings
zum Moment vor dem du
nicht mehr genau weißt
du ob ein danach
gibt ob es brennt
oder die Welt vereist
ich lag im Hotelbett
die Knie bis zum Kinn
hochgestemmt
u. stammelte vor mich hin
vor der Tür hörte
ich Schritte im Fenster
sah ich Wolken
u. dumme Gespenster
****
ich löste meine Eingeweide aus
u. entbeinte das Muskelfleisch
um zu bemänteln
dass ich ohne dich
vielleicht nicht sein kann
****
kaltblütig
auch wenn es in der Brust schlägt
führe ich das Messer
an deine nackte Haut
u. ritze dich unter dem Arm
ein letztes Achselhaar fällt
u. erschlägt mich
aus reiner Notwehr
****
schrieb heute schon
ein hundsmiserables elendiges ewig unnötig langes Gedicht
u. wollte
dass die Straßenbahn mit mir dafür
in die Hölle fährt
andere Worte zu holen
****
auch unter größtem Wünschen
verschwand der Fleck nicht dort
am Schrank der Riss im Boden
verschloss sich nicht u. deine
Verliebtheit fasste meine
Entzüge nicht mehr kräftig
an
****
warum trugst am Tag der Flut du
eine Bluse mit roten Tupfen auf weißem Grund
warum trugst du deine Haare
hochgesteckt u. verknotet an dem Tag
als ich aus dem Haus eilte
nur um kurz Luft zu schnappen
u. ein mir entfallenes Wort
in den Baum zu ritzen damit
es meine Kehle nicht mehr reize
den Baum haben sie gefällt u. die
Flut nässte deine Kleider ein
du verschwandest in einem Umkleideraum
mit zweitem Ausgang die Haare geöffnet
die Säge noch in der Hand
das Wort spottend auf den Lippen
****
es nagt mir am hinteren Zahn unter der Teilkrone
ein Lied
das möchte ich dir singen
nagte es nicht so schmerzensvoll
wie nach aufhörender Narkose
****
auch wenn sich aufgrund von Zeitschriften
die Gewerbestruktur unseres Viertels
ändert
auch wenn sie vor unserem Haus
mit Bagger und Schaufellader die
Tramschienen aus dem Boden reißen
sie biegen und brechen mit Knall
auch wenn sie die Möbel aus unserer
Fußboden-mit-Parkett-Wohnung
tragen u. sich dabei die Stirn mit
meinen Büchern abwischen
auch wenn du mir mit deinen
Handwerkerhänden mit den kleinen
Daumen die du stets unter den anderen
Fingern versteckst mit den verdickten
Knöcheln die Augen ausdrückst
u. die Zunge aus dem Rachen schneidest
man sagt ja dass wer sich die Hände
eines Menschen vorstellen könne ihn
wirklich kenne auch wenn du
mir die Vorstellung nimmst
indem du mir den ölverschmierten
Hammer in den Hinterkopf schlägst
selbst wenn ich einfach nur gehen
müsste einfach aus dem Haus
u. den Weg zurück vergessen müsste
oder ein Wahrsager ihn mir stehlen würde
selbst dann
selbst dann wird mir nie jemand
die Liebe nehmen können
die ich für dich in jeder
Synapse meines Hirnes
verwahre als meine Seele
****
im Befingern deiner Vorhäute
schießt dir der Verdacht
in die Hände fest das
Ding zu packen u.
es ihr über die
Zehenspitzen zu schlagen
damit sie endlich
zu dir gelaufen käme
eine bärendürstige Bettlerin
die dein Sperma säuft
wie die Dämmerung die Nacht
du riechst an deinen Fingern
den Geruch von gemähtem
feuchtem Gras in der Dunkelheit
von vollgepissten Laken
vor Beginn der ersten Stunde
****
nein riefst du in den Lärm
der Baumaschinen ins Gezwitscher
der Vögel ins Lachen der Kinder
auf dem Spielplatz ins Gerede
der Frauen an der Kasse der Männer
am Tresen des Getrippels
der Ameisen des Streifens der
Raupen über das Blatt
das dir den Mund verklebt
****
allerorts suchst du mich in
den Ausscheidungen der Schnecke
verendet am elektrischen Zaun
oder in der Blutlache der
zwischen deinen Fingerkuppen
zerdrückten Maikäfer- u. Fliegen-
körper allzeit suchst du mich
in den Tagen der Saurier die
aufgeschreckt den Meteoriten zu
Erde fallen sahen u. in der Zukunft
der Milchstraße die bald die
Wohnungsnot kennen lernen wird
suchst mich am Ende u. im Nichts der
Enge die wir fliehen wenn wir
uns sehen
****
jeden Abend zur Last deines
Feierabends nimmst du den
stinkenden Lappen u. wischst
mich aus deinem Leben wie
Verkrustetes von der Unterseite
eines Tellers in der Hoffnung
aus mir würde ein weiteres
Stück Meißner Porzellan deiner
Sammlung
****
endlich im Mai gelang
es mir das Haar auszureißen
das einer wie du
im Rachen meiner Mutter
gepflanzt hatte als sie noch jung
gewesen war aber die Zeiten
schon verdammt alt
mit dem Haar
bespanne ich den Bogen u.
spiele dir endlich meine
Lieder vor
****
wanzenklein der Punkt in meinem
Leben den ich hätte setzen
müssen damit alles so geworden
wäre wie ich das gewollt hatte
in meinem wanzenkleinen Wunsch
nach dir
****
es gibt keine Alternative
es ist nie beides möglich
der Vogel lässt den Wurm nicht
im Erdreich liegen der Löwe
lässt die Gazelle nicht laufen
der Tropfen hört nicht auf den
Stein zu höhlen meine Fragen
hören nicht auf meine Liebe
hört nicht auf dein Herz
zu spalten den Kopf wirr zu
machen wir können uns nur
begegnen aber nicht bleiben
in einem begrünten Haus
es gibt sich jeder die eigene
Hand und hofft dass eine
andere am Schopf zieht aber
das ist keine Alternative
sondern meine letzte Möglichkeit
nicht zu verenden in der Qual der Wahl
vor der Kugel die durchs Leben rollt
****
du trittst ganz Philobat
in den Zwischenraum ihrer
Beine ein u. erhebst wie der
Maler der die Decke streichen
will deine Finger u. hoffst
dass sie im dunklen Wald
verloren gehen wie einst
das Kinderpaar
denn heutzutage
werden sie die Hexe nicht mehr
besiegen können u. auf
ewig im Knusperhäuschen
bleiben als echte Philobaten
****
Flocken des Frühstücks sie liegen
weiß auf deinem Bauch der Schnabel
des Nachtvogels verlor sie im Schlaf
hörtest du nicht das Flattern der Flügel
das Aufschlagen des Hafers
du dachtest es seien Pickel
ausgetrieben vom Senf der Fischsoße
die ich am Abend mit meinen Zehen
anrührte als Aphrodisiakum
du mögest meine Gedanken
anfangen zu lieben und lieben
die Gerüche meines Fleisches auch
das um die schlotternden Knochen
hängt um schlotternde Knöchelchen
die dir die Flocken vom Nabel picken
als Nahrung für einen gelingenden Tag
auch wenn ich sie in meiner Wut
über deinen Schlaf
selbst dahin gespieen
haben sollte
als wär’s ein Lied
das mich überkam
****
habe keine Madeleine habe
keine Vogelscheiße um mich
zu erinnern habe nur die Erinnerung
die flüchtige fliehende flügge
weiß nicht was da war weiß
nicht wie es war weiß nur dass
es war wir liefen durch den Hof
die Tante winkte der Vater sang
ein Lied von Kinderliebe u. Schuld
die Kittelschürzenmutter strickt
an der Zukunft ihrer Kinder
die aber nicht passen durfte
dann u. wann gab es etwas
Schokolade für die Diät danach
****
grasnarbenfühlig scharrst du
durch Frühlingswiesen u. haust dir
das Wurzelwerk rein der Sand
die Erde quellen dir aus
der Nase wie Nasenbluten
Ungeziefer schwimmt auf dem Auge
u. graviert messages in die Iris
hier findest du deine Lebensweisheit
****
makrelengeruchsgleich fällt
er mit seinen Überzeugungen
aus der Tür aus dem Haus aus dem Maul
in die Pflanzungen meiner Sinne
Rauch steigt aus seinen Augen
hoch u. schreibt Ausrufezeichen
an den Himmel Überschriften
seiner Verklemmtheit ich wende meine
Augen u. drehe die Ohren aus
der Bespuckungsbahn der Meinungen
u. suche eine Stelle in der Luft
wo ich einen Vers hinpinseln könnte
der dem Geschehen nicht in den Arsch kriecht
wie du
****
deine Rede ist ein Feld
in dem dein Leben Maulwurfshügel
aufstößt an denen du Wache
hälst mit einem Spaten
um das Vieh endlich zu erschlagen
****
Freund du willst dass ich mit dir
über die Dachfirste laufe
u. mit dir die Jungfernhäute
aus den rauchenden Schornsteinen
stehle damit wir sie an unsere
Lenden gürten wie die Gürtel unsrer
Jugend aber Freund da raucht
kein Stein am Himmel u. die Häute
wurden gegerbt u. zu Hüten verarbeitet
man trägt sie gegen Verfluchungen
oder wenn man einen Ausflug
an die See der Sehnsucht macht
bunte Hütchen die hier u. da
aus den Gassen aufleuchten wenn du
nach Hause rennst dicht verflogt
von den Träumen die dich wecken wollen
damit du nicht von den Firsten fällst
****
barfuss übers Maiglöckchenfeld
u. dann mit nacktem Hintern
sich in die Schlüsselblumenwiese
gesetzt als gäbe es kein Internet
u. hupten keine Autos unter
der Erde wie die Toten einer
Zivilisation der Käfer kriecht
dir unter die Vorhaut u. kitzelt
deine Geheimnisse hervor die du
unter der fünften Blume in der
zwanzigsten Reihe mit bloßen Händen
vergräbst jetzt weißt du immer
wo sie sind mein Freund wenn du
dich traust schau sie an laufe
barfuss übers Feld u. grabe dich
in die Erde ein vielleicht im August
wenn sie deinen Schweiß gebrauchen kann
****
unter einem Hemd aus nassem
Papier das trotzdem hält
trägst du ein Skapulier geklebt
aus den Zehennägeln deiner
Liebsten so spürst du an
der Brust u. am Schulterblatt
den Kitzel ihrer Zehen
als sie am Morgen dich
vom Schreiben abhalten wollte
einst
****
wie junge Zootiere klettern
sie die Masten hoch u. horchen
an den Antennen ob nicht einer
einen Trost für sie habe denn
sie wissen nicht was sie mit all
den Dingen tun sollen die ihre
Rabenmütter u. Misshandlerväter
ihnen schenkten dennoch sind sie
später froh dass sie niemand
gesehen hat der jüngste hatte
sich in die Hosen geschissen
vor Begehren das Brummen hatte ihn
seine Extremitäten bis in die Därme
hinein spüren lassen
****
Baumrinden zieren deine Lippen
u. Blattwerk kotzt du
auf den Gehsteig kleine
orangefarbene Autos verfolgen
dich lauf Junge lauf
sonst kassieren sie dich ein
schreddern deine Knochen klein
u. verstreuen sie im Winter
gegen Rutschgefahr
****
Winde ausstoßen u. schmatzend
hältst du mir dein Geschlecht
entgegen von dem ich koste
u. in das ich meine Nase
reibe wie junge Hunde
ihren Körper an einem
Baum später tritt
süßherbes Harz aus
****
du hattest dir Turnschuhe
aus Brotteig gebacken
u. trugst Socken aus gesalzener
Butter u. deine Möse
hing als aufgeschnittene
Mortadellascheibe zwischen
deinen Beinen als du
zu mir kamst u. dich
mir anbotest für einen
Brotzeitaugenblick
****
die Brauen schabst du an der Hauswand
vom Fleisch u. mit dem aufspringenden
Blut sprühst du Parolen an die Wand
immer auf der Suche nach dem richtigen
Satz für das was mit dir geschieht
****
Freundin du grubst deinen
Kot im Hausflur ein damit
an den Wänden Hyazinthen
wachsen werden wenn ich
nach Hause komme u.
den Kopf gegen die Wand
schlage weil wieder ein
Tag vorbei ist an dem wir
uns noch nicht getroffen
haben werden Liebste
****
wenn sie wenigstens gleichgültig wären
in ihren abgestimmten Kleidern Röcken
Hosen wenn sie nicht die Mäuler
offen stehen hätten wie Siffons
aus denen übers Jahr Kakerlaken
gekrochen kommen u. dir die Realität
deiner Träume stehlen die Tatsächlichkeit
deiner Dinge wenn sie wenigstens
das Maul halten würden u. ihre
Weisheiten der Werbung schenken würden
damit solche wie sie den Scheiß kauften
in dem sie endlich irgendwann ersticken
aber sie wollen dir in die Kehle
kriechen deine Schleimhäute trocken
legen deine Nasenscheidenwand
mit Kacheln ausschlagen u. deine
Schädelinnenseite desinfizieren
u. dir dann ihre Möbelstücke
einstellen ergonomisch u. politisch
korrekt wie ein Nazischeitel wie ein
abgestochener Penner verlachter Dichter
wenn sie wenigstens gleichgültig wären
****
verfrorener Oleander hängt durch das
Gitter des Balkons u. Insekten tropfen
von den Blättern u. zerstäuben im Hof
zwischen griechischen Kindern die schreien
die Bälle gegen die Hauswand werfen
in der Hoffnung einst werde ihnen eine
Frau die Tür öffnen u. sie aufnehmen
doch die Frau liegt kraftlos in den Kissen
erschöpft von der Aufregung der Tage
zuvor als sie vom Glück träumte
angefüllt mit Stimulantien
träumend von dir
du standest neben ihr doch du warst ihr nicht recht
****
die Amsel hatte über
die Nacht das Moos im Kasten
zerstört was suchte sie in
der Erde unter dem Grün
der Warm war lange schon
ausgeflogen u. zertreten
****
zwischen den Zehen Kardinalshüte
ins Geschlecht eingeführt Schachtelhalme
unter den Achseln quellen Liatris
sie sperrte dich auf den Balkon
bevor sie dir die Organe entnahm
um sie ihren Freunden zu spenden
****
Primeln schwitzen
Fata Morganas
in den Morgen
Tauben verdursten
über den Firsten
unsres Sommers
die Zungen strecken
wir einander
raus die Käfer
verstauben im Wind
die Fliegen summen
wie der Kühlschrank
kurz vor Stromausfall
Sperma klebt die
Schamlippen zu
Finger streichen
kondensierte Worte
am Gaumen ab
Hände reichen
sich die Ernte
zum Liebesfrühstück
bevor der Winter
uns anfällt
die Regenzeit
uns wegschwemmt
wie Fertighäuser
****
immer wieder
Füße die Falten
am Ballen die Wellen
im Bogen Rötungen
am Fersenknochen
das Geäder zum Hornring
die Biegung Gliederung
der Zehen der Abschluss
der Nägel der Lauf
des Rists u. überhaupt
wie du damit gehst
barfuss in der
Sonne auf heißem
Teer
****
es müssen wohl Fäden
gesponnen sein oder
elektrische Leitungen
zwischen deinem
Gesicht Kinn
Nase Mund
Augen Wangen
Lippen Ohren
Stirn u. Stirnfalten
u. meiner Iris
unaufhörlich muss
ich dich anstarren
das Huhn fixiert
die Linie über
dem Schnabel der Fahrer
die Tachonadel
die andern den Wert
des Geldes u. was man
dafür kaufen
kann unaufhörlich
glotze ich dich an
wenn du gehst geht
auch mein Gesicht
das ist die Häutung
der Schlange die dir
zuwispert nasche
von der Frucht aber
du hörst nicht mehr
die Fäden weben
einen Kokon
bestenfalls
****
kein Tarzan kein Gott kein afrikanischer
Mensch reißt die Lianen weg
in die wir uns verwickelt haben
die Stiefmütterchen die unsere Füße
fest am Boden halten
die Krokusse die unsere Mäuler stopfen
die Kakteen die in unseren Ärschen stecken
u. die Stinkmorcheln die in unseren
Gedärmen rumoren Boviste der Innerlichkeit
als chronisches Reizsyndrom
u. doch heißt es es sei nur der Traum
gemalt auf die Flügel einer Libelle
u. du müsstest sie bloß verscheuchen
u. du wärest im totgesagten Park
u. Amor schösse seinen Pfeil in dein Herz
in deine Hoden in die Vakuumpumpe deiner Lust
u. das Herz schlüge wieder das Steinsche der Hoden
fiele ab Luft bliese die Dinge lang u. steif
aber deine Hände sind mit weißen Lilien
ans Bettgitter gefesselt
u. der Tag sitzt auf dir u. vergewaltigt dich
im Fick des Jahrhunderts
du textet ihn mit allen Worten zu
die dir gerade einkommen
Krokusse regnen auf euch nieder
blaue u. violette
bis in die Nacht hinein
****
auch du reitest den Schwan
am Morgen ins Verderben
u. am Ende des Tages
kehrst du mit Konserven
heim die du so sehr magst
als enthielten sie die Herzen
deiner Liebsten
****
es ist halt so was soll
man tun so ist es halt
kann auch nichts ändern
von mir aus zuck doch
zurück geh doch von mir aus
es ist wie es ist die
Kapseln springen auf beim
Berühren das Rührmichnichtan
rollt sich auf der Samen
fällt zu Boden du
zuckst zurück wenn ich
den Mund aufmache mich
dir nähere um dir wie ich
mit der Hand die sanften
Frühlingsblätter streife
die Blüten zwischen Daumen
u. Zeigefinger umschließe
u. durchstreifen lasse
um dir zuckst du auch
zurück um dir einen
Abschiedskuss zu geben
es ist eben wie es ist
so ist es halt Schluss
aus schmerzen tut’s
aber als wär’s schon das
Ende des Sommers
das Ende der Welt jetzt
****
in den Spalten zwischen den Platten
an den Bordsteinen auf den Mauern
laufen rennen wimmeln wirren
die Ameisen über deine Füße
an den Beinen hoch unter die Achseln
kriechen trippeln schlängeln marschieren
die Ameisen über deine Augen
in den Ohren aus den Nasenlöchern
quellen strömen platzen rauschen
die Ameisen sie wispern flüstern
hauchen tuscheln tratschen schreien
über die Erde über die ganze Welt
dass sie dich mit dieser Sau betrügt
sie lachen hämen grinsen zeigen
auf dich doch du gehst einfach weiter
bis sie dich in ihren Bau tragen
als gefundenes Fressen
****
der Frost deines Atems
färbt meine Zehen blau
ich humple den Weg meiner
Liebe wie ein gefallener
Bergsteiger der nie das
Basislager verließ sich aber
hinterrücks zwei Finger ab-
hackte sie wären erfroren
in der Steilwand des Seins
er jammert wie ein Kind
Erfrierungen beklagt
u. den Abgründen eines
Rachenbonbonspots
verfällt.
****
Nein, ich schaute beim Abschied
nicht zurück. Ich mied
deine Blicke aufs Papier.
Hinter mir knallte die Tür.
****
Ziegenmilch mache sprach der Junge
die Haut schöner u. überhaupt habe
sie weniger Fett
Exotische Nüsse scharf gewürzt u.
doch elend süß steckte sie ihm
in seinen Mund
Sie verstehen sich wie die Geranien
vor dem Fenster. Die Fliegen meiden
dieses Zimmer
Die Liebe ist ein Ding das liegt in der Bar
vor der Toilette aus. Bunt bedruckt
u. meist umsonst
Du schreibst einige Worte drauf u. dann
vergisst du die Dinger bis sie irgendwann
im Müll landen
****
dein Busch ist ein Feld mit
Stiefmütterchen hinter denen
du dich versteckst u. auf
Sonntagsspaziergänger wartest
um ihnen Obszönitäten
im Gedenken an den Kopf
zu werfen u. ihre Hunde
zu vergewaltigen bis dich
endlich jemand erlöse damit
du als Sohn wiedergeboren
werdest alle tätscheln
deine Schulter nun u.
du bist ein Held
****
auch wenn du gemahlene Orchideenknollen
in deiner Unterhose trägst u. unter
der Zunge ein gebackenes Stück Alraune
auch wenn du in deiner Geldbörse
ein Bündel ihres Schamhaares aufbewahrst
u. in deinem Schlüsselanhänger ein
Spalt Zehennagel eingeschweißt ist
auch wenn du undeutliche Worte in einem
Heft notierst u. des Nachts seltsame
Sätze ins Dunkel nuschelst u. dich dabei
vor dem Fensterkreuz verbeugst u.
einen Furz zu den Sternen schickst
auch wenn du beim Müllruntertragen
an sie denkst u. hoffst sie werde dich
einst lieben wie noch keine geliebt habe
so willst du doch als normaler Mensch
anerkannt sein u. respektiert werden
als jemand auf den man gelegentlich
hört wenn man ihn um Rat gefragt hat
ich hörte deutlich wie du fragtest im Schlaf
****
die Kugelblitzsterne des
Löwenzahns die gelben
Blüten des Piss-au-lit
brachst du in deiner Kindheit
aus den Stängeln drücktest
du mit deinen Lippen
die weiße Milch
u. trankst sie anstelle
der warmen der Mutter Brust
wie du auch schriest u. tratest
die Mutter gab dir ihre
Dinger nicht hin
du trankst die weiße Milch
aus den Stängeln des Löwenzahns
nanntest die Kugelblitzsterne
deinen Vater u. das gelbe
Blühen deine Mutter hießest
Vater u. Mutter den Piss-au-lit
****
in der Enge liegt Gefahr
u. die Harmlosigkeit tötet
dich solange sie im Schacht
nicht lauthals über dich lachen
u. verstummen drehst du dich um
du läufst weiter indes in deiner
Spülmittelahnungslosigkeit
ein moderner Küchenabenteurer
der das Abwasseramerika entdecken will
lachst du etwa mein Freund
****
ich habe meine Stimme erhoben
aber kein Element trägt sie fort
sie findet den Weg nicht zu deinem Ohr
die Welt ist ein schweigsamer Ort
dann u. wann quillt Geschrei empor
wenn wir ewige Trennung geloben
****
wie der Krebs in den Knochen
sitzt die Liebe in den Nerven dir
u. frisst sich satt u. macht dich arm
dir fallen wie faule Zähne die Worte aus
dass niemand dich mehr küssen mag
u. du vor Scham in der zahnlosen Höhle
selbstmitleidig als Schatten versinkst
****
nicht träumend von den Blumenfeldern
geschlechtlicher Verschmelzung
von den Mondscheinhimmel zweisamen Inseldaseins
nicht sehnend nach der trockenen Luft
seliger Liebe u. traumhafter Abwesenheit
von den sauerstoffarmen Berghöhen
überlegener Erhabenheit u. gegenseitiger Disziplinierung zum Tode
bin ich froh um deine physische Präsenz
u. geistige Anwesenheit im Raum
u. dass du meinen Schwanz zwischen deine Fußsohlen nimmst
u. du es mir lachend machst
metaphernlos u. real
****
was schreiben die Dichter in ihren Essays
das sie nicht schreiben könnten in ihrem Vers
es ist nicht falsch sich des Eindrucks nicht zu
erwehren dass dort die Geschwätzigkeit ihre Ruh
nicht findet die hier nur bei schlechten nicht schweigt
****
sprechen Sie ruhig von Rosen
u. von Liebe
sprechen Sie auch von Hortensien
u. von Seele
sprechen Sie von mir aus von Lilien
u. von Freiheit
sprechen Sie letztlich von Nelken
u. von Tod
aber sprechen Sie nie Lippenbekenntnisse
u. verlogene Wünsche
in der Dichtung aus
****
weißt der da der geht bei Nacht auf den Gemüsemarkt
u. schleppt sich das Kreuz u. die Knie kaputt
der hat drei Kinder u. ernährt sie auch
u. beschläft sein Weib
u. beschläft sein Weib
weißt der da der sitzt am Morgen schon im Büro
u. atmet trockene Luft u. schwitzt an den Füßen
fürchterlich für seine Söhne u. die Wohnung
u. den Urlaub zweimal im Jahr u. die Ausflüge
wo er sein Weib beschläft
wo er sein Weib beschläft
weißt der da der ackert sieben Tage die lange Woche
in seinem kleinen Scheißladen ohne Fenster u. tief im
Keller drin der pausiert nicht nein der pausiert
nicht u. malocht auch noch in die Nacht hinein
damit er sonnabendnachts noch mehr Kinder zeugen kann
wenn er sein Weib beschläft
wenn er sein Weib beschläft
weißt der da der sitzt von morgens früh bis abends spät
am Rechner u. schreibt langweilige aber gelehrte Texte
der wartet nicht auf Inspiration der macht Karriere
der wird Professor der nimmt eine Studentin
u. beschläft sie als sein Weib
u. beschläft sie als sein Weib
u. du schreibst Gedichte
****
besprich mich lege einen Fluch
auf mich u. halte mich an Fäden
wie eine Marionette auf Besuch
öffne mein Herz wie Fensterläden
sprich mich mein Leben aus deinem Bauch
heraus aus deinen Schenkeln deinem Geschlecht
u. hebe meine Glieder mit vollem Recht
sei mir Asche zu Asche Schall u. Rauch
ich gebe mich dir hin
bin dein Hauptgewinn
ich bin das Gespenst
vor dem du fluchend wegrennst
****
auch du gehörst hinter deiner Hecke
von Lilien u. gelben Rosen
auf deiner dem Körper sich anpassenden
Matratze auf der du still liegst
u. die Beine öffnest u. dich nicht
mehr regst in deiner vielfach
eingecremten Haut u. deinen
Perlen im Ohr du gehörst zu
denen die sich selbst nicht trauen
u. die erst dann Respekt empfinden
die erst dann anerkennend schauen
wenn man sie verlässt ja wenn
man endlich von ihnen geht
u. dein Blick in der leeren Weite sich verliert
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du sprachst einer Pflanze die
sich heliotropisch
erhebt
vom Geist der Natur u. vom Sprechen
u. schiedest die Dinge wehrtest
dich gegen die Bewegung
u. versankest wieder
in dir
was hast du da ausgesprochen
mein Freund
was nur
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streu mir Frau Estragon
in die Augen blase mir Koriander
unter die Lider u. Zitronengras
in meine Nasenhöhlen
damit ich inne halte in meinem
Begehren nimm schärferes Pigment
u. reibe es mir in die Körperöffnungen
wenn du willst dass ich mich nicht
mehr in die Welt verströme
wie die Maden aus dem alten Mehl
das dir vor Schreck aus den Händen gefallen war
als ich schrie
das am Boden explodierte Glassplitter
u. weißer Staub überall
u. Klümpchen die sich ringelten
auch auf der Innenseite deiner Beine
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harsch u. abgehackt
eine Trophäe in der Hand
im Küchenfeld
roter Boden Afrikas in den Augen
hinter dem Fronttisch
besetzt
belagert
besiegt
dein Ursprung
hältst du die Liebe in der Hand
schwenkst das blutend’ Ding triumphierend
hältst mich in der Hand
schwenkst das samend’ Ding triumphierend
jetzt ergebe ich mich gern
jetzt
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